„Leg an, zähl auf drei, schieß los, Feuer frei! Da ist kein Panzer um mein Herz! Feuer frei!“
Lange Zeit habe ich unter meiner „Durchlässigkeit“ gelitten. Warum nur leide ich so viel mehr unter den Angriffen meiner Mitmenschen? Warum heule ich los, wenn ich doch ruhig bleiben müsste? Judith Holofernes hat mich mit ihrem Lied „Armour“ auf einen neuen Standpunkt gestellt. Es ist überhaupt keine Schwäche, so viel und so intensiv zu fühlen. Es ist einfach nur anders als bei vielen anderen Menschen. Und wer das nicht weiß und nicht versteht, der mag auf mich schießen und mich verletzen so viel er will. Feuer frei!
Ich habe keinen Panzer um mein Herz. Ich werde verletzt und leide. Aber ich heile, weil ich weine und trauere, statt den Schmerz zu ignorieren oder runterzuschlucken. Meine Wunden bluten und schmeißen die Kugeln dadurch wieder aus meinem System. Und ich habe auch die freie Wahl, mich in meinen Schmerz hineinzustürzen und jede Träne, jedes Schluchzen auszukosten. Oder mal die Abkürzung zu nehmen und mich zu fragen: „Will ich jetzt gerade so traurig sein?“
Denn tatsächlich sind es nur Worte, die sie abfeuern. Nur Worte und ich habe die freie Wahl. Immer. Die Entscheidung, mich dem Schmerz hinzugeben liegt bei mir. Die Entscheidung mich meiner Selbstliebe hinzugeben, liegt ebenso bei mir.
Und das nächste Mal, wenn mein Kind Mitgefühl, Herzenswärme, Liebe pur und die längste Umarmung der Welt braucht, ist auch dann kein Panzer um mein Herz und ich kann Liebe einfach sofort geben, weil sie da ist.
Direkt unter meiner Haut.
Feuer frei!!!
(S.J.)