Ich bin Deutsche. Mein Kind ist in Deutschland aufgewachsen. Zu erfahren, dass mein Sohn im Autismus-Spektrum ist, war so, als würde ich erkennen, dass er Dänisch spricht. Das Schwierige daran ist: Er sieht aus wie ein Deutscher. Und immer wieder vergesse ich, dass seine Muttersprache nicht Deutsch, sondern Dänisch ist. Ich verstehe diese Sprache nicht intuitiv. Ich muss mich konzentrieren und nachdenken, um ihn zu verstehen. Ich schaffe das mittlerweile ganz gut. Aber immer wieder passiert es doch, dass ich Deutsch mit ihm spreche und mich fürchterlich darüber aufrege, dass er es nicht versteht. Und dann kommt der Moment der Fassungslosigkeit: Wie konnte das passieren, dass mein Kind eine andere Sprache spricht und mich einfach nicht intuitiv versteht? Und ich ihn nicht?
Auf Redewendungen verzichten. Die eigenen Metaphern entlarven und deutlich sagen, was eigentlich gemeint ist. Immer im Hinterkopf haben, dass mein Sohn versteht was ich sage, nicht was ich meine. Mich darüber freuen, dass er wieder und wieder nachfragt, was ich mit dem, was ich gesagt habe, meine. Ruhig bleiben, wenn ich alles mehrfach erklärt habe und dann bemerke, dass er doch nicht zuhören konnte, weil seine Augen einem Fussel folgen.
Aber die Übung im Laufe der Jahre führt dazu, dass ich es oft schaffe, direkt Dänisch mit ihm zu sprechen. Ich übe. Ich gebe mir alle Mühe. Und irgendwann kann ich es als völlig normal betrachten, dass es bei uns eben anders ist. (S.J)