Autismusdisgnostik eines erwachsenen Asperger-Autisten

Vor etwa einer Woche wurde ich „offiziell“ mit Asperger-Autismus diagnostiziert. Ich denke, dass es wichtig ist, sich im Vorhinein grob vorstellen zu können, wie die Testung abläuft. Das mildert potentielle Hemmungen und Ängste. Deswegen hier einmal der grobe Überblick über den Gesamtablauf des Verfahrens:

Teil 1: Fragebogen

Die Fragebögen kamen per Post und sollten beantwortet weitergeschickt werden. Die Antworten sind bezüglich des Grades des Zutreffens auf einem Zahlenspektrum geordnet, was die Beantwortung erleichtert. Manche Fragen waren für mich sehr offensichtlich, wieder andere habe ich intuitiv beantwortet. Dadurch, dass dieser Teil zuhause stattfindet, kann man sich tiefer mit schwierigeren Fragen befassen. Für mich allerdings war der Fragebogen binnen 30 Minuten beantwortet.

Teil 2: Testung vor Ort

Nachdem mein Termin feststand, bin ich mit meiner Familie in die Ambulanz gefahren. Dort wurde ich freundlich über den folgenden Ablauf unterrichtet. Ich wurde in einen separaten Raum gebracht, wo zuerst der mündliche Test durchgeführt wurde. Hier wurde ich über die Details der einzelnen Testschritte aufgeklärt.

Wie Ihnen vielleicht schon ersichtlich ist, wird der Gesamtablauf sehr protokollhaft und schematisch durchgeführt, was den potentiellen Autist*innen Sicherheit vermitteln kann. Durch den schematischen Ablauf habe ich mich sicher gefühlt und hatte ebenfalls den Eindruck, dass der Test zuverlässig ist.

Der erste Teil des Testes bestand darin, ad hoc lange Buchstabenreihen so schnell wie möglich vorzulesen. Danach musste ich Zahlen- und Buchstabenreihen memorieren und auswendig nachsprechen können. Andere Tests bestanden aus dem Ablesen der Emotionen von Gesichtern, wo nur die Augen sichtbar sind. Offensichtlich hat das bei mir nicht sehr gut geklappt. Was für eine Überraschung… Wiederum andere Teile bestanden aus Multiple Choice Fragen mit dem Thema Worterkennung. Anschließend wurden die Bögen ausgewertet während wir auf das Diagnosegespräch gewartet haben.

Teil 3: Diagnosegespräch

Im Diagnosegespräch saß in meinem Fall ein Psychiater und eine Psychologin. Es folgten ausgiebige Fragen über Kindheit, Jugend und aktuelle Situationen. Ich hatte nicht den Eindruck, fremd zu wirken oder etwas über mich preisgeben zu müssen. Allerdings war der Redeanteil ungewohnt stark auf meiner Seite. (Gott sei Dank wurde mir den ganzen Tag über kein Smalltalk aufgezwungen).

Nachdem die Diagnose feststand, haben wir uns nicht allzu ausgiebig über Pläne für meine Zukunft unterhalten. Ich habe für mich entschlossen, Erwachsenencoachings zu besuchen, die mir in meinem Berufsleben mit dem zwischenmenschlichen Umgang mit meinen Kolleg*innen weiter helfen sollen.

Vom Ergebnis war ich nicht großartig überrascht. Zusätzlich habe ich dadurch die „Eintrittskarte“ erhalten, mir bei autismusbedingten Schwierigkeiten weiterhelfen zu lassen. Ich denke, dass es sinnvoll ist, den Test „auf sich zu nehmen“; die Klarheit, zu wissen, warum man sich oft fremd fühlt, überwiegen meiner Ansicht nach klar der Angst vor dem potenziellen Ergebnis. Zusätzlich wirkt der Test, weil er eher mathematischer Natur ist, eher einem wissenschaftlichen Test und weniger einer klinisch-psychiatrischen Diagnostik. Dadurch hat man als Autist*in eher selbst Interesse daran, wie der Test funktioniert und weniger ein ungutes Gefühl dabei.

~C.

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