Wir machen eine Wanderung. Meine Eltern, die Kinder und ich. An einer Wegkreuzung will mein Sohn unbedingt nach rechts, Oma sagt aber, dass wir nach links müssen.
„Der Weg ist viel schöner. Da liegen Teiche auf dem Weg,“ sagt sie.
Mein Sohn rastet aus. Mitten im Wald bekommt er einen so heftigen Wutanfall, dass auch ich stutzig werde. Wieso ist die Frage, ob wir links oder rechts gehen so ungemein wichtig?
Doch dann dämmert es mir: Teiche können nicht auf dem Weg liegen.
„Oma meint, dass wenn wir links gehen, dass dann neben dem Weg schöne Teiche sind, wo ihr spielen könnt.“ „Aber das hat sie nicht gesagt. Sie hat gesagt, dass die Teiche auf dem Weg liegen und so etwas gibt es gar nicht.“ Er weint und flucht und schreit weiter herum. Untröstbar.
Ich schicke meine Eltern weiter, bleibe bei meinem weinenden Kind und erkläre noch einmal, dass Oma mit dem was sie gesagt hat, sich vertan hat. Er beruhigt sich und wir können weitergehen.
Nach dem genussvollen Spiel am Teich, wo er sich nasse Füße, Hose, Ärmel holt, gehen wir durch einen kleinen Ort. Wieder geschieht irgendetwas, aber diesmal habe ich nicht mitbekommen, was es war. Den ganzen Ort durch schreit mein Sohn mich an. Meine Eltern, wären vermutlich gerne in diversen Mäuselöchern verschwunden. Aber ich bin längst in meiner Realität angekommen. So ist das eben, wenn ein Missverständnis zu einem autistischen Wutanfall führt. Ich weiß gerade nicht, wie ich ihn beenden kann, also gehe ich gelassen weiter und interessiere mich nicht die Bohne dafür, was alle andern denken. Und dann rast er plötzlich von hinten an mir vorbei und drückt mir eine Feder in die Hand. Die Feder lag auf der Erde und hat ihn aus seiner Wutschleife geholt. Er schenkt sie mir.
Er sagt nichts dazu, aber die Schreierei hört auf. Ich interpretiere frei für mich, was er sagen möchte:
„Entschuldigung Mama. Danke, dass Du nicht zurück schreist, wenn ich so wütend bin. Danke, dass Du mir manchmal die Welt erklärst, wenn ich sie nicht verstehe. Danke, dass auch wenn Du mich nicht verstehst, Du bei mir bist. Danke, dass es Dir egal ist, was die Leute denken.“ (S.J.)